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1997

7.Offene Meisterschaft und 6. Pokalturnier des MTB am 7.Juni

 

 

„Ich habe einen sehr guten Wettbewerb erlebt, und ich würde jederzeit wieder die Aufgabe im Wertungsgericht übernehmen“ resümierte Heinz Hinrichs, Bundesbeauftragter Wertungsmusizieren im DTB, am späten Nachmittag des 7.Juni im Potsdamer Ernst-Thälmann-Stadion. Gerade waren die 7.Offene Meisterschaft und der 6.Pokalwettkampf des Märkischen TurnerBundes (MTB) zu Ende gegangen. Aus berufenem Munde ein solches Lob zu vernehmen weist eine hoffnungsvolle Zukunft.

Internationales Wertungsgericht

Heinz Hinrichs war nicht der einzige Vertreter seiner Zunft mit internationalem Renommee. Zum hochklassig besetzten Wertungsgericht gehörten mit Dr. Manfred Bauer vom Fachgebiet Spielmannswesen im Österreichischen Turnerbund und Hans Beurskens aus den Niederlanden weitere prominente Wertungsrichter. Der aus Venlo an der deutschen Grenze stammende Beurskens lernte den FZ Potsdam schon beim World Music Council 1993 in Kerkrade kennen. Alle drei bekannten sich zum hohen Niveau dieses bundesweit einzigartigen Leistungsvergleiches der Naturfanfarenzüge. Weiterhin als Schiedsmänner aktiv: Mario Bielig aus Sachsen zum wiederholten Male als Hauptwertungsrichter, Michael Freitag, Gerhard Müller, sowie Frank Hollmeyer, Holger Müller, Thomas Heeger und dem Potsdamer Berufsmusiker Bernhard Bosecker. Letztgenannter ist seit zwei Jahrzehnten als maßgeblicher Komponist anspruchsvoller Fanfarenmusik bekannt.

Potsdam rief …

Die brandenburgische Landeshauptstadt war zum wiederholten Male würdiger Gastgeber für Fanfarenzugmeisterschaften. Der Förderverein des heimischen FZ Potsdam unter Leitung von Karl-Heinz Friedrich hatte die Organisationfäden reißfest geknüpft – angefangen von den spritzigen Moderatoren des Potsdamer Stadtfernsehens „P Plus“ über die gastronomische Versorgung bis hin zum Souvenirverkauf der angereisten Teilnehmer.

… und 600 Spielleute kamen

Eindrucksvoll begann der große Wettkampf mit der Präsentation der teilnehmenden Züge: Fast 600 Spielleute aus neun Vereinen vertraten die Farben von vier ostdeutschen Ländern. Vom Fanfarenzug Marzahn e.V. mit 24 Aktiven bis zum FZ Potsdam, der wiederum mit der erstaunlichen Kulisse von 101 Musikern für den Wettkampf aufwartete, waren alle Größen vertreten. Zur Eröffnung wurden traditionell mehrere Titel gemeinsam gespielt, was ohne vorheriges Üben wunderbar klappte. Ein Spielmann aus Großräschen erhielt vor der großen Kulisse einen besonderen Blumenstrauß, denn er feierte just an diesem Tage seinen Geburtstag. Außerdem wurde der FZ Großräschen zum 45.Jahrestag seines Bestehens geehrt. Das Protokoll sah noch weitere offizielle Punkte vor: So wurden die für den Pflichtdurchgang ausgelosten Titel (je einer in Es und B) bekanntgegeben sowie die Startreihenfolge für Pokal und Meisterschaft. In der Pflicht zur Meisterschaft war der FZ Strausberg auf den letzten Startplatz gelost worden, so dass er einen Probedurchgang absolvierte. Dieser dient den Wertungsrichtern zum ‚Warmlaufen‘.

Der Pokalwettkampf

Am Pokalwettkampf beteiligten sich folgende vier Züge: Fanfarenzug Dresden e.V. (Freistaat Sachsen), Stadtfanfarenzug Markkleeberg e.V. (Freistaat Sachsen), Fanfarenzug SV Großräschen e.V. (Brandenburg) und Fanfarenzug Marzahn e.V. (Berlin). Interessant sind die Leistungsanforderungen, denen sich diese Züge stellen. Zwei Märsche im Stand, einer in der Bewegung (mit zwei Linksschwenkungen um 90 Grad), dazu sind der Abriss der Bewegung und abschließend der der Musik zu bewerkstelligen. Alle vier Starter brillierten mit Eigenkompositionen im Stand, wodurch die Vorträge um interessante Elemente bereichert wurden. Am Ende hatten die Dresdener wie in den letzten Jahren das Glück an ihrer Seite. Sie verwiesen den zweiten sächsischen Starter, Markkleeberg, auf den Silberrang, gefolgt von Großräschen in Bronze. Die Marzahner konnten bei ihrem zweiten Start in diesem Wettbewerb noch nicht mit der erwarteten Leistungssteigerung aufwarten.

Kampf um Plätze

Die Meisterschaft sah von Beginn an gute bis hervorragende Leistungen. Die Pflicht stand unter dem Banner Potsdam, das vom Start weg mit 27,8 Punkten von 30 möglichen die höchste Notierung erreichte. Neubrandenburg – mit großem Mut angetreten – erbrachte die Leistung eines Neustarters. Den Mecklenburgern geht seit langem der Ruf guter musikalischer Leistungen voraus. Der FZ wurde vom Publikum sehr herzlich begrüßt. Die Berliner Stadtfanfaren warteten mit einer reifen Darbietung auf, die besonders durch die Abstimmung der Fanfaren manifestiert wurde. Sachsens Vertreter aus Hoyerswerda stand nicht ganz im sonst von ihm gezeigten Leistungsbereich und erreichte mit 24,7 Punkten nur das viertbeste Resultat. Letztlich der FZ des Kultur- und Sportclub Strausberg brachte das von ihm erwartete Ergebnis und rangierte mit dem minimalen Abstand von 0,6 Punkten hinter dem Titelaspiranten auf dem zweiten Rang. Bei 85 Mann im zehnminütigen Vortag stand die schmale Punktedifferenz für höchstens sechs Fehler! Somit ließ der Nachmittag einen spannungsgeladenen Kürwettbewerb erwarten.

Shows am Nachmittag

Der Letztplatzierte der Pflicht eröffnete traditionell den Kürreigen. Der FZ Neubrandenburg konnte sich der Anerkennung des großen Publikums sicher sein, stellten sie sich doch nach langen Jahren wieder der wohl größten schwierigsten, zugleich aber interessanten Herausforderung. Die errungenen 45,9 Punkte von jetzt 60 möglichen spiegelten das Niveau des Nordlichts eindrucksvoll wider. Ein Hoffnungszeichen in Richtung Kontinuität. Mit einer Show lässt sich nicht nur Publikum begeistern, sondern sie hilft überdies, attraktive Auftrittsangebote annehmen zu können. Schließlich kann kein Verein ohne Finanzen einen solchen Wettkampf vorbereiten, und gerade die ostdeutschen Fanfarenzüge sind pro Jahr mehrfach im ganzen Lande wie auch außerhalb bei Musikwettbewerben anzutreffen. Am meisten Federn ließ wohl Hoyerswerda. Gerade 46,2 Punkte brachte ihr Vortrag ein. Hans Beurskens meinte in einer kurzen Einschätzung, der Showeffekt würde zu vorsichtig angesetzt. Aber sicher wird es den Lausitzern möglich sein, das erforderliche Spitzenklasseniveau zu halten. Nicht nur auf den größten Fanblock stützten sich die Berliner Stadtfanfaren in ihrem zu Ovationen hinreißenden Vortrag. Beurskens: „Die Berliner haben als einzige eine richtige Show dargeboten. Von Anfang bis Ende Bewegung“. Eine gelungene Synthese von Tradition und Moderne in der Musik (so standen z.B. die ‚Kreuzritterfanfare‘ neben der dynamischen ‚Fantasia‘ im Stile der 90er) war die eine Seite. Die andere wurde unzweifelhaft durch die Choreografie bestens dargestellt. Elemente unterschiedlichster Handschrift, gewohnte Figuren und figurloses, im besten Sinne chaotisches Gestalten – welch ein Potential! Genau 53,0 Punkte waren der Lohn.

Klasse für sich

Strausberg und Potsdam – die ewigen Favoriten, Sportkameraden und fairen Gegner, Beständigkeit ist beider Markenzeichen, und, wie Hans Beurskens nach der Kür betonte, „sie sind eine Klasse für sich“. Ganz gewiss bleibt festzuhalten, dass beide Vereine Schrittmacherdienste leisten, nicht nur in der Region, sondern erst recht weit darüber hinaus. Am Ende trugen die Potsdamer, wie schon in den sechs Jahren vorher, die Goldmedaille um den Hals, bei den Strausbergern reichte es zu Silber. Dritter wurden die Berliner Stadtfanfaren, womit sie ihren Erfolg von 1995 wiederholten. Den undankbaren vierten Platz belegte Hoyerswerda, und der FZ aus Neubrandenburg kam auf den fünften Platz. Von ihnen für das nächste Jahr Steigerungen zu erwarten dürfte im Bereich des machbaren liegen. Gerade die Neubrandenburger stellten ein Beispiel dar für engagierte Arbeit mit deutlichen Zielen.

Kür-Konzepte

Die Shows, wegen der das Publikum wie ‚aus dem Häuschen‘ ist, belegen deutlich unterschiedliche Auffassungen und differenzierte Ansätze im Verständnis der Naturfanfarenmusik. Heinz Hinrichs lobt besonders die modernen Rhythmen, die ihren festen Platz heben neben traditioneller Marschmusik. Dabei ist immer wieder die Tatsache unterstreichenswert, dass hiesige Fanfarenmusik zu großen Teilen aus den Federn von Amateuren kommt. Jeder Verein entwickelt im Lauf der Zeit eigene Konzepte für seine Kür: sind es beim Sieger Potsdam die gewohnt exakten und temporeichen Märsche, legen die Strausberger ihr Hauptaugenmerk auf Melodie und Schlagwerk. Berlin scheint mehr dem Showgedanken zugeneigt, mit Musik unterschiedlicher Stile. Als einziger tritt er ohne Zusatzinstrumente auf, dies auch ein Zeichen von Konsequenz. Hoyerswerda hat seine ausgedehnte Schlagwerkgruppe, nur will es noch nicht so recht gelingen mit der Integration. Neubrandenburg ist in seinem Showgehalt noch nicht genau zuzuordnen.

Zukunftsaussichten

Ist dieser gelungene siebente Meisterschaftswettbewerb nun ein gutes Omen für die kommenden Jahre? Veränderungen stehen an. Der DTB wird sich das bald entscheiden, in welcher Form sich das Pilotprojekt ‚DTB-Meisterschaften‘ im nächsten Jahr in München präsentiert. Dabei ist eine Antwort auf die Frage schon interessant, ob die ostdeutschen Bundesländer nur einen ‚Sonderweg‘ beschritten haben abseits der üblichen Regularien? Oder wird ihr erhaltenswertes Profil, das in Potsdam mit durchgehend guter Kritik bedacht wurde, als Voraussetzung zur Integration angesehen? Gerade deshalb war der Sitz von Heinz Hinrichs im Wertungsgericht so immens wichtig, weil er die Fäden für DTB-Meisterschaften in der Hand bündelt.

Im Publikum

Eine Geste der Warmherzigkeit war die öffentliche Danksagung an Leo Ertel, der jahrelang dem FZ Potsdam vorstand. In der Genesung nach schwerer Krankheit befindlich, beobachtete er das Geschehen von den Publikumsrängen. Die MSG Ilsede/Niedersachsen hatte extra ihr Vereinsfahrt nach Potsdam gebucht. Hoch zufrieden traten sie am Abend die Heimreise an und erste Kontakte, mit für sie neuen Partnern, lagen in ihren Taschen. Hans Beurskens und Heinz Hinrichs ließen sich die Partituren und Choreografien von Potsdam, Strausberg und Berlin aushändigen, um sie als Lehrunterlagen zu benutzen. Allein dieses Ansinnen ist eine hohe Ehre. Und so war es nicht verwunderlich, wenn Dieter Frackowiak, der brandenburgische Landesfachwart, in seine Schlussbemerkungen nach der Siegerehrung einen Auftrag an alle Spielleute einflocht: „Wir aus unserer Region hatten nicht nur einen Henry Maske, wir haben nicht nur Energie Cottbus, wir haben auch eine Tradition der Spielleute, die weiter gefördert werden sollte“.

Text und Fotos: Herbert Großmann

(entnommen der Zeitschrift: "der turnermusiker")


Potsdams siebter Streich

Unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Dr. Manfred Stolpe, endete die „7.Offene Meisterschaft“ und das „6.Pokalturnier“ des Märkischen TurnerBundes für Fanfarenzüge in Potsdam mit einem Triumph für die Vertreter der beiden Landesfachverbände Brandenburg (MTB) und Berlin (BTB).

Während sich die SG POTSDAM zum siebten Mal in ununterbrochener Folge den Meistertitel holte, erkämpften sich der KSC STRAUSBERG und die BERLINER STADTFANFAREN die folgenden Medaillenränge. Auch im „Pokalturnier“ konnte sich der MTB-Vertreter, die SV GROSSRÄSCHEN, mit dem 3.Platz auf das „Treppchen spielen“.

Erstmals wertete diese Wettkämpfe ein internationales Kampfgericht, dem u.a. Dr. Manfred Bauer aus Österreich, Hans Beurskens aus den Niederlanden, Heinz Hinrichs aus Wilhelmhaven und Bernhard Bosecker aus Brandenburg angehörten. Vor über 4000 zahlenden Zuschauern, die mit großer Begeisterung und objektiven Beifallbekundungen die beiden Wettkämpfe verfolgten, demonstrierten die Potsdamer erneut ihre gegenwärtige unangefochtene Stellung.

Die niederlagenfreie Serie der letzten 27 Jahre auf deutschem Boden ist dafür das beste Indiz. Während Strausberg die erwartete Leistung ablieferte, können die Berliner Stadtfanfaren um ihren Chef Jens-Andreas Weber und Stabführerin Anke Ludwanowski mit berechtigtem Stolz auf diese Meisterschaft zurückblicken. Denn das einhellige Urteil der Experten lautete: „Das ist der Aufsteiger der letzten zwölf Monate. Was dieser Verein vor allem im choreografischen Bereich zeigte, aber auch musikalisch anzubieten hatte, war klasse. Darauf lässt sich aufbauen. Berlin wird in den kommenden Jahren ein ernstzunehmender Konkurrent.“

Berliner Stadtfanfaren e.V. Stabführung: Anke Ludwanowski Foto: Herbert Großmann, Berlin

Sachsen unter sich

Die sechste Auflage des „Pokalturniers“ endete mit einem Doppelsieg der Vertreter aus dem Freistaat Sachsen. Pokalverteidiger DRESDNER SV sicherte sich mit etwas Glück vor dem überraschend starken Stadtfanfarenzug Markkleeberg und der SV Großräschen den Sieg und konnte damit zum vierten Mal in Folge den Pokal erringen. De jungen Berliner Vertreter aus Marzahn blieb zwar nur der letzte Platz, aber das „wir kommen 1998 wieder“, vom Chef Lothar Schwedt zu hören, zeigt, dass Teilnahme entscheidend ist.

Text: Bernd Schenke

(entnommen der "BTZ - Berliner Turnzeitung")

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